Ein Metzger mit viel Stil und Herz für Tiere

hatecke
«Die Menschen wollen Werte und Wertigkeiten. Sie möchten wieder staunen können. In Graubünden finden sie das alles». Der das sagt ist Ludwig Hatecke, Berg-Metzger in Scuol, einer, dem das Tierwohl sehr am Herzen liegt, einer das Fleisch der Tiere zelebriert.

Bei Ludwig Hatecke wird alles achtsam und sorgsam verarbeitet. Und so liegen am Ende dieses Prozesseses Hirschfilets, Lammkoteletten, Entrécôtes, das Trockenfleisch Crystal` Engiadina, Bouv Assoluto (die vollendete Kuh), dreieckig designte Kult-Salsize – sie lassen sich besser schneiden – wie kleine Kunstwerke in den Ausstellungsvitrinen seiner edlen, dabei schlichten Läden in Scuol, Zernez und St. Moritz. 

Wer Hatecke in Jeans und Hemd, an den Füssen stylische Golden Goose Sneeker, begegnet und ihn nicht kennt, der würde hinter dem sportlichen Mann niemals vermuten, dass er von Beruf Metzger ist. Er könnte ein Hotelier sein, ein Touristiker oder ein IT-Freak. Hatecke aber schlachtet Tiere, verarbeitet sie sorgfältig, nimmt ihnen das Leben aber nicht ihre Würde. Dies hat viel mit seiner inneren Einstellung und seinen eigenen Werten zu tun. «Man muss den Tieren wie den Menschen Respekt und Wertschätzung zollen». Das hat er schon so vor 30 Jahren verinnerlicht, vielleicht auch, weil sein Grossvater und Vater, beide ebenfalls Metzger, so dachten und er mit diesen Werten bewusst in diesen handwerklichen Beruf einstieg.

Hatecke ist ein Ästhet und einer, der schaut, dass die Natur im Gleichgewicht bleibt, der darauf achtet, von welchen Bauern er Tiere kauft. «Wir haben das Glück, dass die meisten Bauern zwischen Maloja und Martina biologisch produzieren. Das garantiert auch eine gewisse Wertschätzung gegenüber unseren Tieren.» Der innovative Berg-Metzger mit Stil und Herz unterscheidet sich nicht nur in seiner wertschätzenden Haltung von anderen Metzgerkollegen, sondern ebenfalls bei der Verarbeitung von Fleisch. «Ich habe bereits vor 30 Jahren Salsiz aus purem Rindfleisch hergestellt, ohne es mit Fett und anderen Fleischsorten zu vermischen. Denn ich finde, dass man den Fleischgeschmack auf der Zunge und im Gaumen spüren muss. Darum würze ich Würste und Salsize sehr zurückhaltend, verwende besondere Salze, Pfeffer, wenige aber passende Kräuter, keine Zusatzstoffe, sondern nur wenig natürliches Nitrat. Manchmal», sagt er, «ist weniger mehr. Ausserdem sollte man immer nur tun, was Sinn macht».

Im Dachstock, in einem Raum mit offenen Fenstern, hängen die besten Stücke vom Rind und vom Wild. Nach vielen Wochen ist das luftgetrocknete Fleisch bereit, um Augen und Gaumen zu erfreuen. Ganz unten im Betriebsgebäude, dort wo auch das Frischfleisch verarbeitet wird, öffnet Ludwig Hatecke eine Tür. Dahinter verbirgt sich ein schöner in den Berg gehauener Felsenkeller, in dem besondere Stücke gelagert werden. Legendär weil unglaublich zart und geschmackvoll ist auch sein Madürà (dry aged), das so heisst, weil das Fleisch sechs bis acht Wochen lang am Knochen in diesem Keller reift. Der Mann aus Scuol, der eigentlich gebürtiger Ramoscher ist – in diesem Dorf wirkten schon sein Grossvater und der Vater als Metzger – schult sich und seinen Geschmack immer wieder neu, auch an besonderen Degustationsanlässen. Eines schönen Tages kam nebst den eigenen Produkten auch Iberico-Schinken, den er auf Einladung einer Spanierin probierte, auf den Degustationstisch. «Alles war wunderbar, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass mit der Spanierin etwas nicht stimmte. Ich kam nicht darauf, was es war, bis sie mir eines Tages beichtete, sie habe weder unser luftgetrocknetes Fleisch noch den Schinken wirklich probiert, da sie Vegetarierin sei…». Ludwig Hatecke schmunzelt noch heute darüber, dass er sich so hinters Licht hat führen lassen.

Wie beim Iberico-Schinken mit seinem unverwechselbaren Geschmack ist es auch für den Geschmack des Fleisches aus dem Engadin wichtig, was die Tiere fressen und wie sie gehalten werden. «In unserem spektakulären Hochtal, in dem wir und unsere Tiere leben, ist das Berggras würzig. Das hält die Tiere nicht nur gesünder, ihr Fleisch schmeckt auch viel besser. Trotzdem bleibt es meine Vision, das Engadin zur naturbelassensten Region Europas zu machen, in der wir alte Werte neuzeitlich umsetzen».