Produkt Kulinarisches Erbe
Bündner Nusstorte
Charakteristika
Keine Bündner Bäckerei bzw. Konditorei-Confiserie, in der dieses Mürbegebäck mit der charakteristischen Walnussfüllung nicht angeboten würde. Um die Spezialität exportieren zu können, musste sie früher zuerst importiert werden – zumindest teilweise: Basierend auf der Fuatscha grassa, einem Mürbeteigfladen mit viel Butter, wurde sie mit einer Walnussfüllung veredelt. Walnüsse wuchsen in Graubünden zwar nur ausnahmsweise, aber anderswo waren sie in Fülle vorhanden. In diesem Sinn ist die Torte auch ein Symbol für die Zuckerbäcker, die einst gezwungen waren, auszuwandern und deren Pioniere im Spätmittelalter in Städten wie Venedig als Strassenverkäufer von Backwaren bescheiden angefangen haben. Heute können wir glücklicherweise aus Bündner Nüsse aus Malans zurückgreifen.
Man stellt also einen Mürbeteig her, wallt zwei Teile aus und gibt auf den einen eine Füllung aus karamellisiertem Zucker, Rahm und grob gehackten Walnüssen. Mit dem anderen Teil bedeckt man die Torte. Die Füllung ist einfach, bietet aber Raum für individuelle Nuancen. Die Nusstorte ist recht lange haltbar.
Kultur und Geschichte
Im ältesten deutschsprachigen Kochbuch der Schweiz, «Ein schön Kochbuch 1559», findet man 515 Rezepte aus der bischöflichen Küche in Chur, darunter zwar keine Nusstorte, aber zwei Zubereitungen, die man zu einer Nusstorte kombinieren könnte: Wie man fugascha Machen soll (Rezept 183) und Wie man gutte Nüss hein machen soll (Rezept 117). Die fugascha entspricht gemäss Glossar einer Fuatscha, bei den gutte Nüss handelt es sich um Nüss von baümen, also offensichtlich Baumnüsse (Juglans regia), schweizerisch für Walnüsse, die grün mit Honig und Zucker, Zimt und Nelken eingemacht werden. Baumnüsse waren in Graubünden eine Rarität, Zucker sehr teuer – ein Privileg gut betuchter Kirchenfürsten.
Das Nusstortenrezept war wahrscheinlich ab 19. Jahrhundert bekannt. In seinem Buch «Cumpatriots in terras estras» (1968) erwähnt Dolf Kaiser tuorta da nuschs da Roseg in einer Episode um 1880 oder ein paar Jahre früher. Man weiss mit Sicherheit, dass die Konditorei Heinz & Tester, Bündner Zuckerbäcker in Toulouse (Südfrankreich), die echte Nusstorte in der heutigen Form 1881 bis 1930 (Konditorei inzwischen geschlossen) gebacken hat – die Torte prägte das Firmenlogo: Spécialité de gâteaux aux noix. Es gab schon im Mittelalter diverse Nuss- und Mandeltorten, doch keine wie die Bündner Nusstorte: Das Spezielle bei ihr sind die Füllung aus karamellisiertem Zucker, Baumnüssen und Rahm sowie der Deckel.
Weitere Quellen von ausgewanderten Bündner Zuckerbäckern stammen aus Berlin, Leipzig und vom Schloss Mammertshofen im Thurgau, wo die Zuckerbäcker Orlandi Ende des 18. Jahrunderts turta da nusch fabriziert haben sollen. Die erste Nusstorte in der Schweiz brachte Fausto Pult, ehemaliger Angestellter bei Heinz & Tester, in Samedan unter der Bezeichnung Tuorta da nuschs engiadinaisa / Engadiner Nusstorte auf den Markt.
Vorkommen und Verbreitung
- Bündner Rheintal
- Surselva
- Viamala
- Mesolcina
- Calanca
- Engadin und Südtäler
- Mittelbünden
- Davos
- Prättigau
Produziert und erhältlich im ganzen Kanton. Heute ist die Nusstorte so populär und so weit verbreitet, dass sie während des ganzen Jahres in Graubünden hergestellt und konsumiert wird.
Verwendung
Nur Menschen, die Angst vor Kalorien haben, verschmähen sie. Die Nusstorte wird ohne weitere Zutaten genossen, als Dessert oder Zwischenverpflegung, als Tortenstück oder im Kleinformat in Alu verpackt als Wanderproviant. Sie ist ein ideales Souvenir oder Geschenk, weil sie gut haltbar ist.
Rezept
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