Wo das Gemüse sein Paradies gefunden hat - Portrait Marcel Foffa

Biotisch
Wenn es im Bündnerland ums Gemüse geht, so fällt schnell einmal der Name Marcel Foffa. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Mathias Riedi bewirtschaftet er in Pratval im Domleschg den kleinen, feinen Gemüsebaubetrieb «Biotisch». Ganz neu gibt es auch einen Hofladen.

Um als Gemüsebauer schweizweit Aufmerksamkeit zu bekommen, muss man mehr machen als nur 0815-Wurzelgemüse & Co. Das Team von Biotisch in Pratval wird immer wieder von Geniesserinnen, Spitzenköchen und Journalistinnen aus dem ganzen Land besucht. Denn: Biotisch produziert nicht nur hervorragende Qualität, sondern ist immer auch wieder offen, Neues auszuprobieren. Oder Dinge etwas anders zu machen, als man es schon immer getan hat.

So etwa bauen Marcel Foffa und Mathias Riedi auch Wassermelonen an. Wie das geht? Mit viel Liebe und Einsatz natürlich. Aber auch mit der Idee, dass Melonen nicht zwingend am Boden wachsen müssen. Bei Biotisch ranken sich die Pflanzen im Glashaus aus dem Boden gen Himmel, die Melonen hängen dann in der Luft. Weil sie teilweise kiloschwer sind, haben Foffa und Riedi ein System entwickelt mit Netzen, die die Fruchtgemüse stützen. Aber warum lässt man die Melonen nicht, wie sonst üblich, einfach bodeneben wachsen? Aus dem einfachen Grund, dass am Boden die Melonen nur einseitig Sonne bekommen. «Sie werden dann weniger süss, vor allem auf der Seite, an die kein Licht kommt», weiss Marcel Foffa. Natürlich bedeutet das System mit den Netzen eine Mehrarbeit, aber dem Gemüse-Duo ist es das wert.

«Für unsere Melonen reisen die Kundinnen und Kunden weit», sagt Marcel Foffa. Sie rufen auch aus Bern oder Basel an. Glücklich, wer in Chur und Umgebung wohnt. Die exklusiven Fruchtgemüse aus dem Domleschger Garten können nämlich am Churer Wochenmarkt (jeweils am Samstag) gekauft werden. Denn dort hat Biotisch einen Stand. Bis zu 30, 40 Menschen stehen da zeitweise Schlange, um vom frischen Angebot zu profitieren. Gemäss Marcel Foffa die wichtigste Absatzquelle für die kleine Marktgärtnerei: «Wir können das Gemüse mitbringen, was grad wächst – und haben sehr treue Stammkundinnen und -kunden.»

Bei den Gemüseabos, die das Team bis letztes Jahr lieferte, war das anders: «Wir hatten da oft den Druck, dass wir sehr viel Gemüse produzieren mussten, um alle Taschen zu bestücken», erklärt Foffa. Deshalb haben sie sich schweren Herzens von diesem Angebot getrennt.

Dafür gibt es ab Ende April 2022 den eigenen Hofladen in Pratval, direkt neben dem Gemüsefeld. In Selbstbedienung kann man sich dort mit besten Bio-Produkten eindecken. Vorerst werden Foffa und Riedi den Laden jeweils am Dienstag und am Freitag frisch bestücken. «Wir möchten dann mal schauen, wie das anläuft», so Foffa.

Und weil das Duo immer gerne auch quer denkt und neue, schöne Sachen ausprobiert, wird auch der Hofladen nicht 0815 sein. So gibt es voraussichtlich einen No-Waste-Abteil, in dem das etwas unschönere Gemüse erstanden werden kann. Und: Marcel Foffa möchte auch besondere Teile vom Gemüse anbieten. «Ich würde gerne die Idee ‘Leaf to Root’, also Gemüse von Blatt bis Wurzel essen, im Laden aufgreifen und Gemüseteile anbieten, die man sonst vielleicht nirgends kaufen kann, die aber sehr gut schmecken.»

Foffa und Riedi denken auch in der Produktionskette weiter. Sie arbeiten neu mit einem Koch zusammen, der ihr Gemüse direkt zu Delikatessen verarbeitet. Beispielsweise das Chili. Foffa verarbeitet privat seit Jahren seine Chilis zu Sambal Oelek, also zu einer scharfen Paste. «Wir brauchen privat um die 40 Gläser jedes Jahr und alle unsere Freunde sind begeistert vom Rezept», sagt er. So wird es heuer das Sambal Oelek dann vielleicht auch im Shop geben – und sicher auch klassische hausgemachte Konserven wie Essiggurken.

Und auch beim Gemüseangebot selber ist das Team von Biotisch immer wieder daran, Spezialitäten anzupflanzen. Nebst den Melonen, die auch im Hofladen in der Auslage liegen werden, darf man sich bei Biotisch etwa auf Artischocken freuen. Diese wurden bereits letztes Jahr gepflanzt. Es gibt zwar auch einjährige Artischocken, die erst im Mai ausgesetzt werden. Doch bei Biotisch versucht man, die Pflanzen zu überwintern. «Dann können wir im Juni Artischocken ernten, wenn es sonst eigentlich keine frischen Artischocken mehr gibt», sagt Foffa. Zudem werden die Artischocken, haben die Pflanzen überwintert auf dem Feld, tendenziell grösser. «Es besteht aber natürlich immer das Risiko, dass die Stöcke erfrieren», so Foffa. Um sie zu schützen, haben Riedi und Foffa sie abgedeckt.

Bereits seit über 20 Jahren bewirtschaftet das Duo das Land im Domleschg. Anerkennung bekommen haben sie auch von Spitzenköchen, die ihr Gemüse teilweise sogar auf der Karte anschreiben. Für Sternekoch Andreas Caminada, der ein Dorf weiter das Schloss Schauenstein führt, wachsen immer wieder Spezialitäten auf den Feldern. Natürlich sind solche Kooperationen eine tolle Anerkennung. «Und wir machen immer noch gerne, was wir tun», sagt Marcel Foffa. Allerdings: «Wir müssen schon schauen, dass es etwas ruhiger wird, dass wir etwas weniger arbeiten müssen, da wir nicht nochmals 20 Jahre den gleichen Effort leisten können wie seit unserem Start.»

Mit dem Hofladen, den hausgemachten Gemüse-Delikatessen und einer hoffentlich treuen Kundschaft glaubt der Gemüsebauer, dass sie das schaffen werden. Und wer Biotisch kennt, weiss: Ganz ruhig wird es nicht werden. Denn nicht umsonst zählt das Duo mit zu den innovativsten Geistern in der Schweizer Bio-Gemüseszene.