Der Lachs aus der Südschweiz
Normalerweise sind Lachse (Salmo salar) in Netzgehegen von Meeresfarmen zusammengepfercht. Futterverbrauch, Antibiotika, Bewegungseinschränkungen und Krankheiten von Algen- und Parasitenbefall bis Infektionen machen ihnen zu schaffen und haben sie in Verruf gebracht. Und den Engländer Julian Connor, Angler und Lachsliebhaber, auf die Idee, Lachse in einer geschlossenen Kreislaufanlage zu züchten. Deshalb wurde in 2014 von 20 Investoren die Swiss Alpine Fish AG gegründet.
Die Fische werden nicht mehr in schwimmenden Gehegen im Meerwasser gezüchtet, sondern dort, wo sie geboren werden und ihren Lebensweg ins Meer und zurück beginnen: im Süsswasser. Die Firma suchte einen geeigneten Platz und wurde in Lostallo fündig. «Fürs Misox sprachen Qualität und Verfügbarkeit des Wassers», erzählt Ronald Herculeijns, einer der Investoren und Director of Sales & Marketing der Firma.
Die Aquakultur bei Lostallo ist ein geschlossener Kreislauf, in dem der Fisch alles durchlebt, abgesehen vom Abstreifen und Befruchten der Eier. «Wir haben eine eigene Kläranlage und halten strengste Umweltvorschriften ein», so Herculeijns, pro Tag fülle man nicht mehr als zwei Prozent frisches Grundwasser nach.
«Bei uns werden weder Wasser noch Boden verschmutzt», erklärt der Verkaufsdirektor, ebenso wenig könne unerwünschter Einfluss von aussen ins System eindringen. «Wir verzichten auf Antibiotika und andere Chemie». Das müssen sie auch, denn Antibiotika würden die guten Bakterienkulturen im Wasserreinigungssystem vernichten. Die guten haften auf Plastikchips und eliminieren die unerwünschten Bakterien, die mit Fischkot und Futterresten in eine Biogasanlage entsorgt werden.
Alle zwei Monate werden rund 40 000 Lachseier aus einer Indoor-Anstalt in Island in ein Becken mit Grundwasser gegeben, wo die Fischchen schlüpfen, sich vom Eidotter ernähren und die ersten Entwicklungsschritte durchleben.
Vier Kilo nach zwei Jahren
Etwa zwei Zentimeter lang, kommen die Fischchen in runde Tanks und erhalten erstmals Futter. In den nächsten Becken wird Salz zugeführt, die Fische gewöhnen sich ans Brack- und Salzwasser, ihre Haut wird silbern. Nach neun Monaten nähern sie sich dem «Meer», in das sie nach zwei bis drei weiteren Monaten definitiv wechseln: In Lostallo sind das zwei Betonringe, der innere ist 80 Meter lang, der äussere 100 Meter; zusammen enthalten sie 2670 Kubikmeter Salzwasser (880 im inneren, 1790 im äusseren).
25 000 Fische bleiben gut ein Jahr lang im inneren Ring und wachsen dann, wenn sie 150 Gramm schwer geworden sind, im äusseren Ring auf 3,5 bis 4 Kilo aus. In den beiden Ringen dürfen die Lachse gegen den Strom schwimmen, aber sie können sich nicht wie auf freier Wildbahn treiben lassen, weil ihnen hinter einem Gitter der Propeller, der die Strömung erzeugt, den Weg versperrt. Die Ringe sind mit stillen Stellen ausgestattet, die Strömungsschatten simulieren. Dort ruhen sich die Fische aus.
Nach etwa zwei Jahren kommen sie für sieben Tage ins Hälterungsbecken mit Süsswasser und werden nicht mehr gefüttert: Zeit abzulaichen, Zeit zu sterben. «Unsere Fische werden vor der sexuellen Reife geerntet», sagt Herculeijns. Sie werden mit Strom betäubt und mit Kiemenschnitt getötet. Kurz auf Eis gelagert, dann maschinell ausgenommen, von Hand und maschinell entschuppt, nach Grösse sortiert, filetiert und weiterverarbeitet oder am Stück verschickt, denn, so Herculeijns, «gut 80 Prozent der Kunden wollen den Fisch frisch haben». Die verbleibenden 20 Prozent werden in 20 bis 25 Grad warmen Kaltrauch von Eiche und Buche gehängt. Eine Besonderheit ist der Rauch von Kastanienholz, das aus dem Tal stammt.
Im vergangenen Jahr hat die Zucht rund 80 000 Lachse geerntet, etwas weniger als die volle Kapazität von 120 000 Lachsen. «Die Nachfrage ist drei Mal grösser als unser derzeitiges Angebot», sagt Herculeijns. Deshalb plant die Firma, die Zuchtanlage zu vergössern.
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